VATILIEAKS

Der Begriff Vatileaks wurde durch den damaligen Pressesprecher des VatikansFederico Lombardi, in Anlehnung an Wikileaks geprägt und beschreibt die Veröffentlichung von vertraulichen Dokumenten des Vatikans 2011 und 2012.

2012 brachte er mit geleakten Dokumenten den Vatikan ins Wanken. Nun ist Paolo Gabriele, der frühere Kammerdiener von Benedikt XVI. überraschend verstorben. Was ist außer großer Aufregung von den Skandalen geblieben, die er enthüllt hat?

Die Nachricht kam überraschend am Dienstag, Nov. 2020. Paolo Gabriele, der Mann, dem die Welt den Begriff "Vatileaks" verdankt, ist tot. Mit 54 Jahren sei der ehemalige Vatikanangestellte einer langen Krankheit erlegen, hieß es aus dem vatikanischen Pressesaal. Eine Randnotiz in Zeiten der Skandale rund um den Petersdom.

Vor knapp zehn Jahren war die Verwirrung groß in Rom. Immer wieder tauchten belastende Dokumente auf – scheinbar aus dem Nichts. Dokumente, die von Korruption im Vatikan bis in die höchsten Ebenen sprechen, von Vetternwirtschaft oder "homosexuellen Seilschaften" im Kirchenstaat, bis hin zum Höchstmaß von Steuerverschwendungen. Für viele gläubige Katholiken unvorstellbar, dass es solche Missstände unter den Augen des Papstes gibt.

Ein Buch des Vatikanjournalisten Gianluigi Nuzzi war es, das die "geheimen Briefe aus dem Schreibtisch Benedikts XVI." ans Licht brachte. Gesprächsnotizen, Korrespondenzen und Dokumente, die später auf Paolo Gabriele zurückgeführt werden konnten. Im April 2012 setzte Papst Benedikt XVI. eine Ermittlungskommission ein, um die Hintergründe des Leaks zu klären. Besonderes heikel: Auch der spätere Kardinal Giovanni Angelo Becciu unterstützte dieses Gremium. Der gleiche, der im Sommer 2020 selber wegen schwerwiegender Finanzvergehen nicht nur seinen Kardinalstitel verlor, sondern auch angeklagt wurde.

Gabriele selber gestand seine Taten ein, beteuerte aber immer wieder, dass er seinem Dienstherren, dem Papst, dadurch nicht schaden, sondern eher helfen wollte. Die Missstände, gegen die Benedikt XVI. ankämpfte, wollte er mit diesen Veröffentlichungen nur besser ans Licht bringen. Zu einer 18-monatigen Haftstrafe wurde der Papstbedienstete verurteilt, die er nicht im italienischen, sondern im vatikanischen Gefängnis verbüßen sollte. Am 25. Oktober 2012 trat er seine Strafe an. Nicht mal zwei Monate später, am 22. Dezember, begnadigte ihn der Papst und erließ ihm seine restliche Haftstrafe. Später nahm Gabriele eine neue Aufgabe in der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu an. Für Paolo Gabriele hatte sich die Geschichte von hier an erledigt.

Auch wenn der "Vatileaks"-Skandal ab Ende 2012 so langsam aus den Meiden verschwand, ging für den Vatikan die wirkliche Arbeit nun aber erst richtig los. Aufklärung und Transparenz brauche es, wurde von verschiedensten Stellen gefordert. Dass etwas mit den Vatikanfinanzen im Argen liege, wurde in Rom schon lange gemunkelt, die wahren Ausmaße des Finanzskandals werden aber wohl den wenigsten klar gewesen sein. Dieses verstrickte Geflecht aufzuräumen, sollte zu einem der Hauptanliegen des neuen Papstes Franziskus werden.

Wenn die Welt ab März 2013 vor allem auf die ungewöhnlichen Gesten des neuen Papstes geachtet hat, sein Leben im Gästehaus oder seinen Besuch beim öffentlichen Optiker, so war intern schnell klar: Dieser Papst will aufräumen. "Niemand soll unantastbar sein", hieß es – und heißt es – immer wieder, wenn es um Franziskus‘ Linie in der Finanzaufklärung geht. Die Zeiten sollen vorbei sein, in denen sich Vatikanfunktionäre Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet, oder Familienmitglieder begünstigt haben.

Neue Linie 

Als erstes richtete Franziskus seinen Blick auf die "Vatikanbank" IOR, die schon lange im Ruf stand, in Geldwäsche involviert zu sein. Die Zuschüsse der Bankchefs wurden gekürzt, als Leiter wurde ein externer Finanzaufklärer eingesetzt, und erstmals in der Vatikangeschichte bat der Vatikan bei Italien um Rechtsunterstützung in diesem umfassenden Ermittlungsfall.

Die größten Schlagzeilen gab es aber rund um den ehemaligen Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu. Becciu hatte, wie bereits erwähnt, selbst 2013 bei der Aufklärung des "Vatileaks"-Skandals mitgearbeitet, und schon damals deutliche Worte gegen Korruption im Vatikan gefunden. Im Sommer 2020 musste er dann selbst seinen Hut nehmen, weil ihm genau das gleiche Vorgeworfen wurde. Becciu verlor nicht nur seine Aufgaben, sondern auch seine Rechte als Kardinal. Ein Schritt, der extrem selten ist und wegen Finanzvergehen noch nie im Vatikan vorgekommen ist.

Quelle: Renardo Schlegelmilch / Domradio.de

Soviel zur Veröffentlichung von Domradio.de, die sich lesen lässt wie ein herkömmlicher Kriminalroman. Dennoch gehen die Machenschaften weiter bis in die finstersten Abgründe des Vatikan.

Der Kriminalfall um Emanuela Orlandi